Spenden- und Kollektenaufruf

Dresdner Nagelkreuzjahr 2020/21

September 2020: Evangelische-Lutherische Diakonissenanstalt, Kreuzkirchengemeinde, Kirchengemeinde „Maria am Wasser“, Frauenkirche und DenkRaum Sophienkirche – das sind die fünf Nagelkreuzzentren Dresdens. Sie stehen in engem Kontakt zueinander und koordinieren ihre Arbeit. Die Leitungen der Dresdner Nagelkreuzzentren haben verabredet, dass künftig im jährlichen Wechsel ein Zentrum besondere Akzente und Impulse in der Dresdner Öffentlichkeit setzen soll.

Den Auftakt macht im Jahr 2020/21 das Nagelkreuzzentrum Diakonissenanstalt Dresden e.V. Sie wurde als erstes Nagelkreuzzentrum der Stadt gegründet und feiert dieses Jahr ihr 55-jähriges Bestehen: Im Jahr 1965 leisten junge Erwachsene aus England Aufbaudienst an einem durch britische Bomber zerstörten Flügel des Diakonissenkrankenhauses. Propst Williams besuchte die Freiwilligen und überreichte der Diakonissenhauskirche ein Nagelkreuz.

Dieses hohe Jubiläum wird die Diakonissenanstalt am Nagelkreuzsonntag (27. September) gemeinsam mit den anderen Nagelkreuzzentren Dresdens in der Diakonissenhauskirche begehen. Details zu dem Gottesdienst und den weiteren Veranstaltungen im Dresdener Nagelkreuzjahr 2020/21, das unter dem Motto „Neugierig aufeinander sein“ steht, sind im Flyer zu finden [hier klicken].

Ökumenisches Gedächtnis der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern und die Römisch-Katholische Erzdiözese München und Freising begingen den 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau mit einer ökumenischen Andacht am 27. April 2020 zwischen 17 und 18 Uhr. Diese fand am authentischen Ort statt, in der Evangelischen Versöhnungskirche auf dem einstigen Gelände des Häftlingslagers, unweit des Krematoriums.
Da das Gedenken wegen der Corona-Krise nicht öffentlich sein konnte – geplant war ein großer Gottesdienst zum Befreiungstag mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, Kardinal Reinhard Marx und Metropolit Augoustinos Lambardakis -, wurde die Andacht in einer deutschsprachigen und einer englischsprachigen Fassung aufgezeichnet. Das geschah auf Wunsch von Familien von Dachau-Überlebenden und von Veteranen, die als amerikanische Soldaten Dachau befreit hatten.

Im Mittelpunkt der Andacht stehen Zeugnisse der Dachau-Häftlinge Herbert Zipper, Jura Soyfer, Joseph Rovan und Karl Adolf Groß. Der Gesang der jungen Musikstudentin Sophie Aeckerle auf Deutsch, Griechisch, Englisch und Hebräisch verbindet das Gedenken an alle KZ-Opfer und die dankbare Erinnerung an die Befreiung vor 75 Jahren mit der Hoffnung auf eine Überwindung von Unrecht, Krieg und Not heute. Das Video wird am Mittwoch, 29. April 2020, um 17 Uhr veröffentlicht, in etwa zu der Zeit, zu der vor 75 Jahren US-Army-Einheiten die Häftlinge befreiten: www.bayern-evangelisch.de/75J.BefreiungDachau.

Für Kirchenrat Dr. Björn Mensing, Pastoralreferent Ludwig Schmidinger und Diakon Klaus Schultz, von unserem ökumenischen Nagelkreuzzentrum „Evangelische Versöhnungskirche“ und (katholische) „Todesangst-Christi-Kapelle“, die gemeinsam mit der Sängerin Sophie Aeckerle die Andacht gestalteten, war es von tiefer Bedeutung, dass zur selben Zeit an anderen Orten der Befreiung von Dachau gedacht wurde. Auf Initiative des Shoah-Überlebenden Zdeněk Pošusta in Prag, dessen Vater das KZ Dachau überlebt hatte, beteten in der Tschechischen Republik Oberrabbiner Karol Sidon und Bischof em. František Radkovský für die Opfer. Viele gute Wünsche zum einzigen „analogen“ Gedenken zum 75. Jahrestag der Befreiung am authentischen Ort kamen gestern in Dachau an, aus den USA, aus Großbritannien, aus Polen, aus den Niederlanden und aus Deutschland. Der Dank für ihr Engagement von Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, war den Verantwortlichen der kirchlichen Gedenkstättenarbeit besonders wertvoll, ein bemerkenswertes Zeichen der jüdisch-christlichen Verbundenheit, gerade angesichts der schuldhaften Verstrickung der deutschen Kirchen in der Zeit des Nationalsozialismus.

„Der Terror ist vor der eigenen Haustür angekommen.“

Kerzen in Dachau für den Schmerz in Hanau – Gesten der Anteilnahme Foto: Björn Mensing
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Die deutsche Nagelkreuzgemeinschaft betet für den Schmerz nach den Schüssen von Hanau

Die deutsche Nagelkreuzgemeinschaft nimmt aus tiefsten Herzen Anteil an dem, was Deutschland gegenwärtig aufwühlt. Wir gedenken der aus rassistischen Motiven Ermordeten und sind in Gedanken und im Gebet bei allen, die einen geliebten Menschen verloren haben oder bei den Angriffen traumatisiert wurden.

Die Wallonisch-Niederländische Kirche Hanau, eines unserer deutschen Nagelkreuzzentren, ist nur wenige Straßenzüge von einem der beiden Attentatsorte entfernt. Die Kirchengemeinde wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von reformierten Glaubensflüchtlingen aus den „Spanischen Niederlanden“ gegründet, die schließlich in Hanau eine neue Heimat fanden.

Die Wege von Torben Telder, Leitender Pfarrer der Wallonisch-Niederländischen Kirche, führen oft an dem Attentatsort vorbei: „Auf einmal ist es ein Ort des Schreckens. Nun ist also der ‚Terror‘, den ich bisher nur aus dem Fernsehen kannte, vor der eigenen Haustür angekommen. Als Flüchtlingskirche wissen wir um die Schwierigkeiten von Ankommen, Anpassen und Wahrung der eigenen Identität. Unsere Geschichte lehrt uns, dass es in Hanau erfolgreich möglich war. Diese Erfahrung wollen wir in die Stadtgesellschaft auch weiterhin einbringen.“

Für Pfarrer Telder ist dabei das Nagelkreuz ein hilfreiches Symbol. Im Rahmen von Gedenkveranstaltungen ist das Hanauer Nagelkreuz gerade „on Tour“, um bei verschiedenen Anlässen um Versöhnung zu werben. Auch das Versöhnungsgebet von Coventry mit seinem „Vater vergib“ ist für Telder eine gute Brücke in diesen Tagen. Es verweise nicht auf einzelne, sondern auf uns alle. So seien unsere Gedanken nicht nur bei den Opfern, sondern auch bei der Familie des Mörders. Am morgigen Sonntag wird in der Wallonisch-Niederländischen Kirche ein Gedenk- und Bittgottesdienst für den Frieden stattfinden, in dem Pfarrer Telder auf die Bedeutung des „Vater vergib“ eingehen wird.

Auch viele andere Nagelkreuzzentren sind immer wieder im Gedanken und mit Gebeten in Hanau. In Andachten und Gottesdiensten bieten sie den Menschen Raum, ihr Mitgefühl und ihre Solidarität mit den Einwohnern von Hanau, aber auch ihr Entsetzen und ihre Sprachlosigkeit vor Gott zu bringen. So gedenkt z. B. die Nagelkreuzkapelle in Potsdam heute in ihrem Samstagabendgottesdienst der Opfer von Hanau und will ein Zeichen gegen Rassismus, Hass, Hetze und terroristische Gewalt setzen. Vertreter der evangelischen Versöhnungskirche und der katholischen Seelsorge auf dem Gelände des KZ-Gedenkstätte entzündeten bereits am Donnerstag während einer Gedenk- und Demonstrationsveranstaltung in der Dachauer Innenstadt Kerzen für die zehn in Hanau ermordeten Menschen.

In dem Jahr, in dem sich der 80. Jahrestag des Bombenangriffes auf Coventry jähren wird, ist der Auftrag der Nagelkreuzgemeinschaft leider aktueller denn je. Das Versöhnungsgebet von Coventry verweist uns an all jene, denen ein Platz und eine Heimat in unserer Gesellschaft verwehrt wird. Wir sind aufgerufen, uns für sie einzusetzen. Wir bitten um Vergebung, wo wir selbst mangelnde Teilnahme an der Not der Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge zeigen. Wir widersprechen jenen, die Rassismus predigen und gegen unsere Mitmenschen hetzen. Wir tun dies nicht im Geist des Hasses oder der Rache, sondern aus einer großen Sehnsucht heraus nach Frieden und Versöhnung. Aus der Geschichte heraus haben wir die Verpflichtung der Verzweiflung Hoffnung entgegen zu setzen und dem Hass mit Feindesliebe zu begegnen.

22.2.2020,
OKR Dr. Oliver Schuegraf, Vorsitzender der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland