Menschenrechtszentrum Cottbus ist neues Zentrum

Am Donnerstag, dem 10. Dezember und Internationalen Tag der Menschenrechte, wurde im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes dem Menschenrechtszentrum Cottbus e.V. (MRZ) das Nagelkreuz von Dr. Sarah Hills aus Coventry verliehen. Damit wurde das MRZ in das weltweite Versöhnungsnetzwerk der Nagelkreuzgemeinschaft aufgenommen, um im Geiste der Kathedrale von Coventry die Wunden der Geschichte zu heilen, mit Differenzen leben zu lernen und Vielfalt zu feiern sowie an einer Kultur des Friedens zu arbeiten.

Der Verein Menschenrechtszentrum Cottbus gründete sich im Oktober 2007. Ihm gehören überwiegend ehemalige politische Gefangene der DDR, die im Zuchthaus Cottbus inhaftiert gewesen sind, an. Das MRZ ist kein kirchlicher Ort – aber ein Ort, an dem Menschen mit christlichem Selbstverständnis Wunden der Vergangenheit der Geschichte ihrer Haftanstalt aufarbeiten. Schon in der Satzung nennt der Verein das Ziel: „…im Rahmen der Aufarbeitung und der Aufklärung über die Geschichte der beiden ehemaligen DDR-Haftanstalten in Cottbus einen Beitrag zur Versöhnung zu leisten und in Aufarbeitung der Unrechtsgeschichte dieses Ortes Verständnis und Hilfsbereitschaft für Menschen zu wecken, die in anderen Staaten dieser Welt politisch, rassisch oder religiös verfolgt werden.“

Im Sommer 2015 hat sich der Verein – nach einer Pilgrimage in Coventry – entschieden, ein Ort des Versöhnungshandelns im Sinne der Nagelkreuzgemeinschaft zu werden. Der leitungskreis der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland e.V. hat im Oktober den Antrag gegenüber der Kathedrale von Coventry einhellig befürwortet. Gerade in der von Propst Richard Howard offen gehaltenen Bitte „Vater vergib“ wird deutlich: Konflikte werden stets von vielen Seiten verursacht und Vergebung muss sich dementsprechend auch zwischen diesen Seiten ereignen. Aber ist Vergebung nach all diesen Verletzungen möglich“, fragt Pfarrer Christoph Polster, Vorstandsmitglied des Menschenrechtszentrums Cottbus, der die zahlreichen ehemaligen politischen Häftlinge von Cottbus und andere zumeist traumatisierte Opfer des SED-Unrechts im Blick hat. Konfrontiert mit dem Versöhnungsbemühen der weltweiten Nagelkreuzgemeinschaft wird jeder gestärkt, der sich auf den Weg zur Versöhnung aufmachen will und sich um einen Täter-Opfer-Ausgleich angesichts andauernder Diktaturerfahrungen müht. All das wird immer wieder Rückschläge und/oder neues Aufbrechen alter Wunden erfordern, kostet unendlich viel Kraft und bedarf der ständigen Ermutigung.

Die Nagelkreuzverleihung erfolgte in der ehemaligen Pentacon-Halle des einstigen Gefängnisses – dem Ort, in dem Tausende von Häftlingen unter schweren und gefährlichen Arbeitsbedingungen unter Zwang arbeiten mussten. Die Predigt im Gottesdienst hielt der Bischof der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg – Schlesische Oberlausitz, Dr. Markus Dröge. Zahlreiche ehemalige Häftlinge des Zuchthauses Cottbus aber auch viele interessierte Bürger – auch nicht konfessionell gebundene oder gläubige – sind der Einladung zu diesem sehr bewegenden Gottesdienst gefolgt. Am Ende des Gottesdienstes überreichte das Menschenrechtszentrum Cottbus als neues Nagelkreuzzentrum dem ehemaligen Stadtpräsidenten von Oświęcim, bekannt als Auschwitz, Janusz Marszałek, einen Friedensstein als Solidaritätsakt für den Bau eines Friedenszentrums in der Nähe der Gedenkstätte in  Oświęcim.

Das Nagelkreuz bekam seinen Platz im heutigen Versammlungsaal, dem früheren Kinosaal  des Zuchthauses, wo früher auch der Gottesdienst für die Häftlinge stattfand. In diesem symbolträchtigen Ort werden zukünftig die Versöhnungsgebete abgehalten.